Ist der Einsatz von Beruhigungssaugern bei sensiblen Kindern ok?

 

Das Thema Schnuller ist sehr komplex und teils emotional aufgeladen, vor allem auf Social Media. Deshalb hier eine Einordnung von mir als Still- und Laktationsberaterin IBCLC und Familienberaterin InFanT

Meister Sabrina Still- und Laktationsberaterin IBCLC, Stillbeauftrage in Kliniken, Still-und Laktationsexpetin EISL und Familienberaterin InFanT

HighNeed und sensible Kinder

High-Need-Babys oder sensible Kinder sind Kinder, die aufgrund eines sensiblen, oft hochreaktiven Nervensystems besonders viel Nähe, Körperkontakt und Co-Regulation benötigen. Diese Eigenschaften können durch prä-, peri- oder postnatale Erfahrungen verstärkt werden, sind aber oft einfach Teil ihrer Persönlichkeit. Selbst bei liebevollster, bedürfnisorientierter Begleitung bleiben diese Kinder oft anspruchsvoll – das liegt in ihrer Natur. (hier mehr darüber https://schwerelos-familienbegleitung.com/haeufig-gestellte-fragen/ < HighNeed Kriterien)

Emotionen dürfen begleitet werden

Es ist wichtig, dass Kinder ihre Emotionen frei ausdrücken dürfen, ohne dass Eltern das Gefühl haben, diese „wegmachen“ zu müssen. Stattdessen können wir ihre Gefühle aushalten, spiegeln und sie auf ihrem Weg begleiten. Das stärkt ihre Resilienz, die Bindung und schafft eine stabile emotionale Basis. Ein Schnuller kann als vermeintlich einfache Lösung betrachtet werden, um Weinen zu reduzieren.

Das Saugverhalten eines Säuglings

Saugen ist eine wichtige Regulationsstrategie eines Säuglings, die ihm nicht nur Nahrung, sondern auch Trost und Geborgenheit bietet. Neben Nähe und Zuwendung der Eltern ist das Saugen eine der wichtigsten Strategien, mit denen sich ein Baby beruhigt und seine Bedürfnisse ausdrückt. Ein bedeutender Teil des Stillens ist das sogenannte non-nutritive Saugen, das keinen primären Nahrungszweck erfüllt, sondern vielmehr dem Wohlbefinden des Kindes dient. Dieses Verhalten, oft als „Nuggeln“ bezeichnet, ist ein natürlicher und wichtiger Bestandteil der Stillmahlzeit und der kindlichen Entwicklung. Sehr häufiges „Nuggeln“ kann beispielsweise auf ein erhöhtes Bedürfnis nach Trost oder Sicherheit hinweisen. Auch nächtliches Dauer-Nuckeln hat in der Regel Gründe, wie etwa das Bedürfnis nach Nähe, Regulation oder Linderung von Unwohlsein.

Die Realität der Eltern

Gleichzeitig gibt es die Realität: Eltern, insbesondere Mütter, sind keine unerschöpflichen Ressourcen. High-Need-Babys verlangen oft so viel Nähe und Aufmerksamkeit, dass das Erfüllen aller Bedürfnisse an die Grenzen der Belastbarkeit führen kann. Dauerstillen, Schreien zwischen den Stillmahlzeiten, Schlafmangel und ständige Co-Regulation sind für viele Familien kaum durchzuhalten. Es ist nicht immer möglich, alle Bedürfnisse eines Kindes sofort und voll zu erkennen und zu erfüllen – vor allem bei High-Need-Babys! Auch Eltern haben verschiedene Ressourcen und Temperamente. Die Vorstellung, dass ein hochreaktives Nervensystem eines Menschen eine solche Dauerbelastung und Co-Regulation leisten soll, ist oft nur mit massiven Grenzüberschreitungen der eigenen Bedürfnisse bis hin zum elterlichen Burnout möglich.

Schnuller als Ausnahmelösung

Ein Schnuller kann in manchen Fällen ein Werkzeug sein, um Eltern kurzfristig zu entlasten. Fachpersonen, die Eltern aufsuchen, sollten wertfrei und responsiv beraten: Es ist sinnvoll, zunächst nach anderen Ressourcen zu suchen, Stillprobleme anzugehen und die Co-Regulation zu stärken. Dennoch gibt es Situationen, in denen Familien sich bewusst und informiert für einen Schnuller entscheiden – und das ist in Ordnung. Ein wertfreier Ansatz bedeutet, auch diese Entscheidung anzuerkennen und die Familie weiterhin zu begleiten.

Balance zwischen Kind und Eltern

Letztendlich geht es um eine Balance: Die Bedürfnisse des Kindes sind zentral, aber auch die der Eltern dürfen nicht ignoriert werden. Nur wenn die Eltern selbst stabil bleiben, können sie ihr Kind langfristig feinfühlig begleiten. Ein chronisch dysreguliertes Nervensystem der Eltern und deren Folgen hat sicherlich auch negative Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung.

Fazit

Ein Schnuller ist keine „einfache Lösung“ und sollte nicht der erste Ansatz sein – aber er kann in bestimmten Fällen eine sinnvolle Entscheidung sein. Jeder Familie sollte ein Zugang zu sicheren Informationen ermöglicht werden. So kann eine individuelle Entscheidung getroffen werden. Wichtig ist, dass Eltern gut informiert, unterstützt und nicht verurteilt werden, egal welchen Weg sie für ihre Familie wählen.

In den Quellen findet ihr auch was zum Thema Fremdsauger und deren Auswirkungen und wichtig Infos über die Auswahl eines Fremdsaugers.

Quellen:

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